Hydrographie
Das Amazonas-Becken breitet sich auf 3.889.489,6 Quadratkilometern aus und präsentiert ein Fünftel aller Süsswasserreserven der Erde. Seine Flüsse sind abhängig von den Niederschlägen und Niederschlagsmengen, und sie stellen praktisch die einzigen Transportwege der einheimischen Bevölkerung dar – mehr als 20.000 schiffbare Kilometer. Der Rio Amazonas ist der Welt grösster Strom an Wasservolumen – er entspringt dem Planalto La Raya, in Peru, mit dem Namen “Vilcanota“ – ab der brasilianischen Grenze mit dem Namen “Rio Solimões“. Nach seinem Zusammenfluss mit dem Rio Negro, auf der Höhe von Manaus, erhält er den Namen “Rio Amazonas“.
Meeting of the Waters
Für das Zusammentreffen der beiden gigantischen Ströme – des Rio Negro und des Rio Solimões – haben wir mal den englischen Titel der zahllosen Tourismus-Prospekte stehen gelassen, weil diese Touristenattraktion unter dem Begriff weltbekannt geworden ist. Ungefähr 10 Kilometer südlich von Manaus treffen die dunklen Wasser des Rio Negro auf die lehmtrüben des Rio Solimões und fliessen dann Seite an Seite nebeneinander her ohne sich zu vermischen – etwa sechs Kilometer weit – bis sie schliesslich den Amazonas bilden. Dieses Natur-Phänomen des “dunklen Negro-Wassers neben dem gelbtrüben des Solimões in einem Flussbett“, was sich aus der Differenz zwischen Dichte, Temperatur und Fliessgeschwindigkeit beider Flüsse erklärt, zieht Touristen aus aller Welt in seinen Bann – persönlich möchte ich allerdings behaupten, dass daran eine weltweite Promotionkampagne dieses “Meeting of the Waters“ nicht unschuldig ist.
Der Anavilhanas-Archipel
Diese gigantische Inselwelt befindet sich im Unterlauf des Rio Negro – sie besteht aus mehr als 400 Flussinseln, die ein komplexes Ökosystem Amazoniens darstellen. Die gesamte Region ist durch die föderative Gesetzgebung unter Schutz gestellt – eine “Estação Ecológica de Anavilhanas“ wurde eingerichtet, mit einem Gebiet von 350.000 Hektar. In der Regenperiode, wenn der Rio Negro über seine Ufer tritt, steht die Hälfte der Inselwelt unter Wasser, und die Tiere flüchten sich auf die erhöhten Flächen. Nachdem das Wasser abgeflossen ist, entstehen weisssandige Flussstrände und verbleiben Wasserkanäle, die sich wie ein Netz zwischen den einzelnen Inseln hindurch winden. Der Anavilhanas-Archipel befindet sich in der Nähe des “Parque Nacional do Jaú“, der grössten Waldreserve Südamerikas, mit 2,27 Millionen Hektar – ebenfalls durchquert vom Rio Negro.
Die Vegetation
Die typische Vegetation des Bundesstaates besteht aus dem äquatorialen Regenwald, der in drei Arten unterteilt wird: Wälder des Festlandes (Matas de Terra firme) – überflutete Wälder (Matas de Igapó) und Várzea-Wälder (Matas de Várzea). In den Wäldern des Festlandes findet man die grossen Edelholz-Bäume Amazoniens. Manche Baumkronen sind so gross und dicht, dass sie bis zu 95% des Sonnenlichts abhalten, wodurch im Innern des Waldes Dämmerlicht, klamme Feuchtigkeit und völlige Windstille vorherrschen. Unter den häufigsten Arten solcher Areale sind anzutreffen: Castanheiras-do-Pará (Paranuss-Bäume), die Seringueira (Gummibaum) und der Timbó – letzterer ein Baum, dessen Saft von den Indianern benutzt wird, um Fische im Wasser zu betäuben.
Die überfluteten Wälder befinden sich auf niedrigerem Terrain, in der Nähe von Flüssen, wo sie permanent unter Wasser stehen. Während der Regenperiode treten die Flüsse über ihre Ufer, das Wasser dringt in den Wald ein und steigt manchmal bis in Höhe der Baumkronen – diese “Igapos“ bilden eine Wald-Wasser-Landschaft. Die Bäume in diesem gefluteten Wald können bis zu 20 Metern hoch werden – allerdings findet man häufiger kleine Exemplare von zwei bis drei Metern Höhe mit dichter Verzweigung, die selbst eine Durchfahrt per Kanu erschweren, wenn nicht unmöglich machen.
Die berühmteste Spezies der Igapós ist die Victoria-Regia, die “Rainha dos Lagos“ (Königin der Seen). Die Blätter dieser Wasserrosen, welche die Wasseroberfläche bedecken, können einen Durchmesser von 1,80 m erreichen. Ihre Ränder sind nach oben gebogen und mit Stacheln besetzt, um gefrässige Fische abzuwehren, die ebenfalls stachelbesetzten, manchmal meterlange Blattstiele entwachsen einer Zwiebel, die im Boden unter dem Wasser wurzelt. Auch die herrlichen Blüten sind mit Stacheln bewehrt, sie verändern ihre Farbe im Lauf der Zeit, von Weiss in Rosarot. Die Indianer schätzen die Zwiebeln der Pflanze und ihre dem Mais ähnlichen Samen als Nahrungsmittel. Während der Trockenperiode verschwinden die Wasserrosen – ihre im Boden zurück bleibenden Samen keimen erst wieder zu Beginn der Überschwemmungen.
Die Wälder der Várzea befinden sich zwischen den Igapós und der Terra firme, sie verändern sich je nach ihrer Nähe zu den Flüssen. In ihnen kann man hohe Bäume antreffen, wie zum Beispiel die “Seringueira“, schlanke, hohe Palmenarten und den “Jatobá“.