Noch sind etwa 80 Prozent der ursprünglichen Fläche des gigantischen Amazonas-Regenwaldes vorhanden. Doch sind Teilbereiche davon bereits degradiert und die Zerstörung des Regenwaldes geht ungebremst weiter. Die Auswirkungen der Rodungen sind in Brasilien bereits zu spüren. Aber es gibt auch Hoffnung. Immer mehr Brasilianer sprechen sich für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes aus.
Der Südosten, Süden und zentrale Westen Brasiliens erleben derzeit eine der schlimmsten Dürren der vergangenen 90 Jahre. Experten machen dafür nicht nur den Klimawandel verantwortlich, sondern ebenso die Kahlschläge im Amazonas-Regenwald. Der sorgt durch die Verdunstung von Feuchtigkeit für sogenannte “fliegende Flüsse“. Durch die Rodungen nehmen jedoch die Wassermengen ab, die der Wald über die Blätter an die Atmosphäre freigibt. Die Folge davon sind geringere Niederschlagsmengen, und das auch in anderen Regionen als in Amazonien, wie Forscher in Studien konstatieren.
Während bis 2014 mit verschiedenen Programmen und Kontrollen die Rodungsrate im Vergleich zu 2004 um 70 Prozent gesenkt werden konnte, ist in den vergangenen drei Jahren wieder ein sprunghafter Anstieg verzeichnet worden. 2014 registrierte das Raumforschungsinstitut Inpe einen Verlust von etwa 5.000 Quadratkilometern Amazonas-Regenwald. Jetzt ist die Fläche doppelt so groß. Zwischen August 2019 und Juli 2020 sind laut Inpe 10.851 Quadratkilometer Regenwald verloren gegangen. Forscher gehen davon aus, dass auch für 2021 ähnlich hohe Zahlen erreicht werden.
Der Verlust an Regenwald ist enorm. Nach dem Jahresbericht über Rodungen im Jahr 2020 des Forschernetzwerkes MapBiomas werden pro Stunde im Amazonas-Regenwald 96 Hektar abgeholzt. Am Ende eines Tages sind es 2.309 Hektar oder etwa 2.309 Fußballfelder. Die Forscher haben ebenso berechnet wieviel Bäume dabei verloren gehen. Pro Sekunde fallen 24 Bäume den Menschen zum Opfer.
Für den Großteil der Zerstörung sind nach wie vor das illegale Schürfen von Gold und Edelsteinen, Landspekulationen und die Umwandlung des Regenwaldes in Weideflächen und Acker verantwortlich. Hinzu kommen unterbezetzte Kontrollbehörden, mangelnde Ahndungen und politische Bestrebungen, die wirtschaftliche Interessen vor den Umweltschutz stellen.
Die illegalen Rodungen machen dabei auch vor Schutzgebieten und Indio-Territorien nicht Halt. Auch dort sind in den vergangenen Jahren starke Zunahmen der Zerstörung durch Invasoren und Goldjäger registriert worden. Dennoch sind Schutzgebiete und Indio-Territorien für den Erhalt des Regenwaldes von enormer Bedeutung. Belegt wird das mit mehreren Studien.
Der Großteil der Kahlschlagsflächen befindet sich nämlich auf Privat grund. In den vergangenen drei Jahrzehnten sind laut MapBiomas 68 Prozent der Rodungen auf Privatflächen entfallen. In den Indio-Territorien waren es hingegen 1,6 Prozent und damit sogar noch weniger als in den Nationalparks und anderen ausgewiesenen Schutzgebieten. Die indigenen Völker können damit zu Recht als “Hüter des Waldes“ bezeichnet werden.
Im brasilianischen Kongress gibt es allerdings mehrere Gesetzesprojekte, die dies ändern könnten. Diskutiert wird unter anderem die Freigabe der Indio-Territorien für den Berg- und Ackerbau, die außerhalb der Schutzgebiete schon jetzt für den Großteil der Abholzungen verantwortlich sind.
Der Oberstere Gerichtshof STF wird in den kommenden Tagen zudem über den “Marco Temporal“ entscheiden. Dahinter verbirgt sich eine Zeitgrenze für die Ausweisung von Indio-Territorien. Den Indigenen soll nach einem Gesetzesvorschlag nur dann ein Anrecht auf ein Gebiet eingeräumt werden, wenn diese das Land schon vor der Verabschiedung der Konstitution im Jahr 1988 besetzt hatten.
Ungeachtet blieben damit die gewaltsamen Vertreibungen. Betroffen wären davon nicht nur Neuausweisungen. Befürchtet wird, dass auch bereits bestehende Indio-Territorien damit angefochten und aufgehoben werden könnten.
Trotz allem gibt es aber Grund zur Hoffnung. Zumindest in der Bevölkerung setzt ein Umdenken ein. Ende 2020 hat Greenpeace beim Institut Datafolha eine Befragung zum Thema Amazonas-Regenwald in Auftrag gegeben. Bei der haben 87 Prozent der Befragten den Schutz des Amazonas-Regenwaldes als besonders wichtig erachtet. Bei der Frage, wer den Wald am besten schützt haben zudem die Indigenen noch vor den Umweltbehörden die höchste Stimmenzahl bekommen.
Bei einer im November 2020 veröffentlichten Umfrage des brasilianischen Industrieverbandes CNI haben 78 Prozent der Befragten angegeben, stolz auf den Amazonas-Regenwald zu sein. 77 Prozent wünschten sich zudem mehr Schutzgebiete und 83 Prozent gaben an, dass der Schutz des Waldes für das Wachstum Brasiliens von großer Bedeutung ist.
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