Monets Lieblingspflanzen
Wenn man von den Wasserpflanzen spricht, sollte man auch dem französischen Maler Monet (1840-1926) ein paar Zeilen widmen. Er hat seine Lieblingspflanzen in einer Reihe von Gemälden unsterblich gemacht, die er in den Gärten seines Hauses in Giverny, nahe Paris, geschaffen hat. Die meisten dieser Pflanzen wurden von ihm selbst gezüchtet – insbesondere die Nymphaea aller Variationen, die er finden konnte. Sein künstlerisches Genie beweist sich besonders in der Transparenz, mit der er das Wasser dargestellt hat, im Spiel der Reflexe, des Lichts und des Schattens.
Paradoxerweise nähert sich die Wirkung seiner Ölgemälde auf Leinwand jener einer digitalen Fotografie, obwohl sie vom Material und der Technik so weit voneinander entfernt sind. Und in einem Aspekt haben Monet und gewisse Fotografen sogar etwas gemeinsam: Im Geschmack (oder der Notwendigkeit), sich so nahe wie möglich am Objekt zu befinden. Der Maler richtete sich ein Atelier auf einem Boot ein, um direkt auf dem Wasser malen zu können – dort verbrachte er Stunden inmitten seiner Blüten, bis er den richtigen Farbton und die gewünschten Spiegelungseffekte beherrschte. Er sagte von seinen Gärten: “Weder hätte ich sonst wo eine so vorteilhafte Situation vorfinden können, noch einen so schönen Ort“.
Orientalisches Symbol auf brasilianischem Boden
Voller Mystik und kaum bekannt, hat die Lotosblume (Nelumbo nucifera) im Monat Februar ihre von vielen Menschen rund um den Erdball sehnlichst erwartete Blütezeit. Im Distrikt von Mombuca, in Guatapará, in der Region von Riberão Preto im Inland des Bundesstaates São Paulo, führen alle Erdpisten zur grössten Lotus-Plantage Brasiliens. Die “Vila Rural“, eine japanischen Kommune, ist einer der wenigen Orte der Welt, in dem diese Wasserpflanze kultiviert wird. Die Lotuspflanze gehört zur gleichen botanischen Familie wie die Victoria Regia, und wie ihre Verwandte aus Amazonien, so verwandelt auch sie überflutete Flächen in immense, moosgrüne Szenarien. Die grossen, abgerundeten Blätter dienen Insekten und Vögeln als Versteck, angelockt vom Duft und dem Nahrungsüberfluss. Die Blüte zeigt sich nur einmal pro Jahr.
Noch vor Sonnenaufgang öffnen sich die Knospen, einer nach dem andern, die legendäre Blüte zeigt sich in ihrer ganzen Schönheit. Ihre ersten Ableger kamen Mitte des 20. Jahrhunderts nach Brasilien. Sie kamen per Schiff in den Händen der Emigranten, die Japan auf der Flucht vor dem Zweiten Weltkrieg verlassen hatten. Für die Asiaten ist die Lotusblume eine Verkörperung der Spiritualität – nur sie ist in der Lage, rein und sauber aus einem Sumpf hervorzugehen. “Ich pflanze und pflege die Lotus, um meine Existenz zu garantieren und meinen Geist zu verschönern“, sagt Massato Ueda, einer der japanischen Lotus-Pflanzer von 78 Jahren.
Schön und selten, kann man die vor Sonnenaufgang sich öffnende Blume nicht in normalen Gärtnereien oder Blumengeschäften kaufen. Zart und zerbrechlich, verliert sie sofort ihre Kraft, wenn sich die Sonnenstrahlen am nächsten Tag hinter Wolken verbergen. “Das ist der Bestäubungseffekt“, erklärt der Spezialist des Botanischen Gartens in Rio de Janeiro, Marcus Nadruz. “Die Insekten installieren sich in den Blütenblättern, die sich schliessen, um den Prozess der Bestäubung und Fruchtbildung einzuleiten“.
Die Lehrerin Shigueko Otuka Mogui, von der lokalen Schule in Mombuca, hält sich fast immer im Grenzgebiet der Lotus-Plantage auf und kennt, seit sie ein Kind war, einige der Geheimnisse dieser Pflanze, dem höchsten Symbol des Buddhismus. “Eines Tages, während einer langen Wanderung, hat sich Buda in einer Lotus-Pflanzung ausgeruht und meditiert. Das erklärt jenen abgeflachten Kern der Blüte, der wie ein Gehirn aussieht“.
Der Kern, das “Gehirn”, enthält den Nektar – er wird unermüdlich von den Bienen gesammelt – und die Samen, Grundlage für neue Pflanzen und ein Teil des Menus für Vögel, wie der Garibaldi (Agelaius ruficapillus). Dieser Vogel bereitet sein Nest im Schatten der Lotusblätter, brütet dort seine Eier aus und ernährt sich von den Lotussamen.
Nicht die Blüten, nicht die Vögel, nicht die Bienen, sondern die Kommerzialisierung der Lotuswurzeln ringt den Pflanzern finanziellen Gewinn – und die nennen die Japaner “Renkon“. Die Ernte beginnt ebenfalls im Februar. Auf zehn Hektar dürfte der Bauer Massato Ueda in diesem Jahr zirka 110 Tonnen einfahren, die er kistenweise (à 22 kg) für bis zu 60 R$ (22 Euro) pro Kiste verkauft.
Die Wurzeln werden in der orientalischen Küche hoch geschätzt, und die Besitzer typischer Restaurants sind die Hauptabnehmer – São Paulo ist der grösste Markt dafür – weitere Kunden sind fitotherapische Labors, die die Wurzel in Medikamente, Sirups und Naturtees verwandeln. Die “Renkon“ ähnelt ein bisschen der Maniokwurzel und hat für die Japaner eine besondere sinnbildliche Bedeutung. Man serviert sie zu Anlässen, die dem Glücklichsein, der Zukunft und dem Wohlstand gewidmet sind.
In der Küche bereiten Mioko Takaki und Makiko Sassaki mit der Lotuswurzel das “Kimpirá“ und das “Tempurá“ zu – einen Gemüseeintopf. Geschmack und Tradition findet man stets auf dem Tisch mit einem japanischen Mittagessen. In der Kolonie von Mombuca gibt es in jedem Haus eine Referenz an den Lotus. Frau Tchiê Ueno, 87 Jahre alt, die ihre Kindheit noch auf den Feldern von Sassayama in Japan verbrachte, beschreibt in Versen die Schönheit der Lotusblüte.
Lotosblume
- Wissenschaftlicher Name: Nelumbo nucifera
- Familie: Ninfeaceae
- Herkunft: Südosten von Asien und Australien
- Wuchs: Zirka 50 cm über der Wasseroberfläche
- Blütezeit: Frühling und Anfang Sommer. Bringt weisse, rosarote und rose gebänderte Blüten hervor
- Fortpflanzung: Mittels Samen oder Teilung des Wurzelstocks
- Licht: direkte Sonne
Selbsthaltung
Man kann Wasserpflanzen in Blumenläden oder Aquarien-Handlungen kaufen. Wenn Sie solche Arten wählen, die unter Wasser leben oder die schwimmen, dann vergessen Sie nicht, auch kleine Fische ins Aquarium zu setzen, wie zum Beispiel Guppies (Poecilia reticulata), um zu verhindern, dass sich darin Mosquitolarven entwickeln.