Versteck, Schatten, Solarium, Nahrung, Unkraut – den Wasserpflanzen hat man viele Definitionen zugeschoben – dass sie schön sind und die Natur harmonisch abrunden, wird dabei meistens vergessen.
Es gibt viele Dinge zwischen dem Wasser und den Fischen, von denen unsere blühende Phantasie angezogen wird, und die Wasserpflanzen sind darin immer noch ein Mysterium. Wenig wissen wir über ihre Geheimnisse, das Gleichgewicht zwischen den feuchten Gebieten zu halten – den Flüssen, Seen, Wasserarmen und anderen aquatischen Biomen – die für uns so lebenswichtig sind. Immerhin gingen die ersten Transformationen des Lebens auf unserem Planeten vom Wasser aus.
Nehmen wir mal an, dass die Grünalge – eine Art, die sowohl im Süsswasser wie im Salzwasser vorkommt – die Entstehung der terrestrischen Pflanzen vor zirka 420 Millionen Jahren begründet hat. Während dieser langen Geschichte der Evolution hat das Leben unfassbar viele verschiedene Formen angenommen, hat unglaublich verschlungene und überraschende Wege eingeschlagen, die scheinbar in einer immensen Verwicklung endeten. Heute versuchen die Wissenschaftler die Rolle jeder Spezies zu dechiffrieren, ihre Fähigkeiten, ihre Charakteristika, ihre Interaktionen mit der Tierwelt und den Menschen – stets mit dem Gefühl, dass sie einerseits noch Tausende von Lücken zu füllen haben, und dass andererseits viele Teilchen übrig bleiben, von denen man noch nicht weiss, wo sie hinein passen.
Was die Wasserwelt betrifft, so gebührt Brasilien eine privilegierte Position mit einem Territorium, das aussergewöhnlich reich an aquatischen Ökosystemen ist. Eine Herausforderung und gleichzeitig ein fruchtbares Arbeitsfeld für die Spezialisten, die mit der Identifizierung von Wasserpflanzen beschäftigt sind. Verschiedene Studien dieser faszinierenden Pflanzenfamilien, in den verschiedensten Regionen Brasiliens, sind dabei, langsam das Rätsel dieser Spezies zu lösen. Auf diesem Pfad – Zufall oder nicht – sind zwei botanische Ehepaare dabei, die bisherigen Kenntnisse zu multiplizieren – Vali und Arnaldo Pott, und Maria do Carmo und Volker Bittrich.
Sie beschäftigen sich mit der Identifikation und Katalogisierung der brasilianischen Wasserpflanzen, ausserdem registrieren sie Informationen bezüglich exotischer Arten, die irgendwann ins Land eingeschleust worden sind. Das Ehepaar Pott ist ein Forscher-Team der “Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuária” – der EMBRAPA Pantanal. Sie übertragen die Wasserpflanzen des grössten zusammenhängenden Feuchtgebiets der Erde systematisch auf eine Karte. Sie haben das Buch “Aquatische Pflanzen des Pantanal“ geschrieben und publiziert – der erste Führer durch die Wasserpflanzenwelt des Pantanal. Das Ergebnis einer harten Arbeit von 15 Jahren, und in einem Biom, welches alles andere als einfach zu studieren ist – zwischen Überschwemmungen und Wasserablauf – Extreme, die einmal eine vom Wasser bedeckte Fläche von 110.000 Quadratkilometern ausmacht, und dann wieder auf nur 11.000 zurückgeht. Mit anderen Worten: In der Trockenzeit bedeckt das Wasser nur 7% des Pantanal-Territoriums, in der Regenperiode bis zu 70%.
Umfangreiche Informationen, Beschreibungen und viele Fotos zahlreicher Wasserpflanzen, die im gigantischen Amazonas heimisch sind.
Diese Extreme manifestieren sich auch innerhalb der Anzahl der aquatischen Arten – zum Beispiel im Fall der gegensätzlichen Victoria-Regia und der Wasserlinsen. Erstere (Victoria amazonica) ist die grösste Wasserpflanze der Welt, und sie besitzt die grössten Blüten Amerikas. Die Wasserlinsen (Genero lemna) sind die kleinsten Blütenpflanzen, die man kennt. Interessant ist aber, dass beide zusammen im gleichen Ambiente vorkommen.
Botaniker nutzen verschiedene Kriterien, um die einzelnen Arten zu identifizieren. Die biologischen Formen – zum Beispiel, wie diese Pflanzen wachsen – unterscheiden sich kaum voneinander.
Man kann sie in sieben Typen einteilen:
- amphibisch
- auftauchend
- fest schwimmend
- frei schwimmend
- fest unter Wasser
- frei unter Wasser
- und als Epiphyten.
Was sich bei keiner verändert, ist die “Biophylie“ – das Wort kommt aus dem Griechischen (bio = Leben, phylia = Liebe, Wertschätzung), und das kann man zweifellos allen Forschern bescheinigen, die sich mit Wasserpflanzen beschäftigen (und auch vielen anderen Bewunderern).
Die Zuneigung des Botaniker-Paares Maria do Carmo und Volker Bittrich für Wasserpflanzen ist auf fruchtbaren Boden gefallen. Als Forscher des Biologischen Instituts der Universität Campinas (UNICAMP) haben sie schon das Buch “Laguinhos“ (Teiche) herausgegeben, mit Instruktionen zur Anlage von Mini-Ökosystemen für Schulen und private Gärten. “Unser Buch erklärt, wie man Teiche anlegt und mit Wasserpflanzen bestückt“, erzählt Maria do Carmo.
Gegenwärtig ist ein anderes Buch der Beiden in Vorbereitung – der “Feldführer für Wasser- und Sumpfpflanzen des Bundesstaates São Paulo“ – Ergebnis von 10 Jahren Feldforschung in verschiedenen Gebieten des paulistanischen Territoriums. In ihrem “Feldführer“ bemühen sich die Autoren, die Wasserpflanzen in einer Form zu präsentieren, die auch für den Laien verständlich daherkommt. Die verschiedenen Arten sind nach Farben ihrer Blüten organisiert, um die Suche und Identifizierung durch den Leser zu erleichtern.