Die Bromelien oder Bromeliengewächse, man bezeichnet sie auch als Ananasgewächse, sind eine Familie in der Ordnung der Süssgrasartigen (Poales) und der einkeimblättrigen Pflanzen. Aus ihrer Mitte sind uns wahrscheinlich die Früchte der Ananas (Ananas comosus) am besten bekannt. Eine ganze Reihe dieser Gattung hat als Zierpflanzen in unsere Gärten und Terrassen Einzug gehalten. Die zirka 58 bis 62 Gattungen und zwischen 2.900 und 3.180 Arten stammen alle aus der Neotropis (ein geobotanischer Terminus, der für Mittel- und Südamerika steht, sowie für die Westindischen Inseln, den südlichen Teil von Mexiko und die Südspitze Floridas.
Man kann sagen, dass sich die Bromeliaceae insgesamt als immergrüne, sukkulente und krautige Pflanzen auszeichnen. Die meisten Bromelien sind sofort zu erkennen an ihrer typischen Blattrosette, die auf einer sehr kurzen Mittelachse sitzt. Allerdings gibt es andere Arten, die einen kleinen Stamm bilden. Viele Bromelienarten sind Xerophyten – das heisst, sie sind in ihrer Anatomie an extrem trockene Standorte angepasst, besitzen also verschiedene Möglichkeiten, Wasser zu speichern und sein Verdunstung zu verringern. Zirka 65% der Bromelienarten sind in der Lage, das für die Photosynthese benötigte Kohlenstoffdioxyd während der Nacht aufzunehmen (CAM-Metabolismus), sodass die dafür vorgesehenen Spaltöffnungen während der heissen Tagesstunden geschlossen bleiben, und die Pflanze so weniger Wasser durch Transpiration verliert.
Die terrestrischen Bromelienarten präsentieren ein gut ausgebildetes Wurzelsystem. Bei den epiphytisch lebenden Arten, (denen wir gleich noch einen Absatz widmen werden), dienen die Wurzeln lediglich zur Verankerung des Pflanzenkörpers, zum Beispiel auf dem Ast eines Baumes. Und eine dritte Bromeliengattung, die Tillandsien, haben sich sogar auf eine Existenz ganz ohne Wurzeln eingerichtet (auch über sie werden wir noch berichten) – ihre Primärwurzel stirbt nach der Keimung ab.
Betrachten wir mal die Blätter einer typischen Bromelie: Sie sind meist wechselständig und spiralförmig angeordnet, ihre Nerven verlaufen parallel, und sie sind in Blattspreite und Blattscheide unterteilt – ein Blattstiel fehlt in der Regel. Die Blattränder sind oft mit einer Reihe Stacheln versehen, manche Arten haben auch glatte Blattränder. Bei der schon erwähnten Tillandsia sind die Spitzen der Blätter eingerollt, was der Verankerung dieser Bromelienart dient.
Eine charakteristische Eigenschaft der Bromeliengewächse sind ihre (Saugschuppen) auf den Blättern, um das Regenwasser und Nährstoffe, ohne Umweg durch die Wurzeln, direkt aufzunehmen. Die Trichome befinden sich entweder sichtbar auf der Oberfläche der Blätter – dann sehen sie silbrig bis grau aus – oder innerhalb der Blatttrichter, dann wirkt die Pflanze frischer grün. Diese Saugschuppen haben einen Deckel, der die Aufnahme von Wasser der darunter liegenden Zellen regelt. Bei äusserlicher Trockenheit befindet sich Luft in den Zellen, dadurch sehen sie silbrig-grau aus – wenn sie dann wieder feucht sind, nehmen sie ein frisch grünes Aussehen an. Die Zellen zur Wasseraufnahme sind mit dem Blattgewebe verbunden – die Schuppenhaare bilden einen Bestrahlungs- und Verdunstungsschutz.
Blüten und Früchte präsentieren sich bei den einzelnen Arten in sehr unterschiedlichen, einfachen oder komplizierten, als Trauben, Dolden oder Rispen ausgebildeten Blüten- und Fruchtständen. Die oft recht dekorativen, farbigen Hochblätter (Brakteen) locken tag- und nachtaktive Bestäuber an – Insekten, Vögel und Fledermäuse. Bei einigen Arten, wie der schon erwähnten Tillandsia, wird nur eine einzige Blüte ausgebildet.
Früchte und Samen sind bei den einzelnen Arten sehr unterschiedlich beschaffen: Da gibt es verschiedenartige Kapseln oder verschiedenfarbige Beeren, mit einer grossen Zahl an Samen, die ohne oder mit Flügeln, oder gar mit einem kleinen Fallschirm versehen sind, denn die Verbreitung der Samen übernimmt der Wind. Ausser bei der Bromeliodeae, ihre Beeren werden von Tieren gefressen und die Samen unverdaut ausgeschieden.
Wir sagten es schon: Bromelien wachsen nicht nur (terrestrisch) auf dem Boden, sondern auch (epiphytisch) auf Bäumen (nämlich 1.700 Arten – also mehr als die Hälfte) – oder auf anderen Pflanzen, wie zum Beispiel auf grösseren Kakteen, oder (lithophytisch) auf Felsen oder Steinen – und sogar auf Telefondrähten! Man kann sich nur wundern, welch schwierige Standorte sie sich manchmal aussuchen – schwierig hinsichtlich der Wasserversorgung, weil der Untergrund völlig austrocknet – oder sie verankern sich in Baumkronen, wo die Sonneneinstrahlung sehr intensiv ist und hoher Wasserverlust droht. Solche Gebiete mit problematischen Klimaverhältnissen sind die Domäne von Bromelien mit dichten Schuppenhaaren, die solchem auszehrenden Klima standhalten können. Arten ohne sichtbare Schuppenhaare ziehen die unteren Etagen der Regenwälder oder die höher gelegenen Nebelwälder vor. Aber zahlreiche Bromelien fühlen sich auch in nährstoffarmen Regionen wohl.
Man kann ohne Zweifel sagen, dass es in beinahe allen Biosphären der Neotropis auch Bromeliengewächse gibt. Sogar die Wüstengebiete der so genannten „Neuen Welt“ – auch die gefürchtete Atacama – dienen ihnen als Habitat. Felsige Regionen, bis in Höhen von 4.000 Meter, bringen Bromelien hervor – auch auf den Tepui-Tafelbergen von Venezuela wachsen zahlreiche Arten. In allen Waldformen – den Regenwäldern des Tieflandes, den Berg- und Nebelwäldern, den Trocken- und Dornwäldern – überall kann man Bromelien entdecken – in sämtlichen Waldgebieten der Neotropis.