Das zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Staatenverband Mercosur getroffene Freihandelsabkommen könnte sich direkt auf den Amazonas-Regenwald auswirken. Europäische Politiker wollen den freien Warenverkehr zwischen den beiden Blöcken an den Umwelt- und Regenwaldschutz knüpfen.
Beim G20-Treffen in Japan haben Staatsoberhäupte verschiedener Länder bei Gesprächen mit Brasiliens rechtspopulistischen Präsident Jair Bolsonaro auf den Umweltschutz gedrängt. Ein Punkt war die Beibehaltung der 2015 in Paris eingegangenen Kompromisse zum Weltklimaschutz. Nach der Selbstverpflichtung Brasiliens sollten die Kahlschläge im Amazonas-Regenwald bis 2030 eigentlich auf Null gefahren werden.
Tatsächlich nehmen sie aber wieder zu. Nach Zahlen des Raumforschungsinstitutes Inpe sind sie im Juni im Vergleich zum gleichen Monat des vergangenen Jahres um fast 60 Prozent gestiegen. Gerodet wurden in nur 30 Tagen 762,3 Quadratkilometer. Die Fläche entspricht in etwa 1,5 Mal der Größe des Bodensees.
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres summieren sich die Kahlschläge bereits auf 2.273,6 Quadratkilometer, dem schlechtesten Ergebnis seit 2016. Bis zum Jahresende könnte sich die Zahl noch verdoppeln, wie Antonio Oviedo vom Instituto Socioambiental befürchtet, da in den kommenden Wochen die Trockenperiode beginnt, in der sich die illegalen Machenschaften der Holzäller intensivieren.
Während die Welt vor allem wegen der Klimaveränderungen auf den Erhalt des größten Regenwaldes des Planeten drängt, stehen in Brasilien die Zeichen anders. Bolsonaro will die Amazonasregion wirtschaftlich stärker nutzen. Er spricht von einer “Bußgeld-Industrie“ durch die Umweltbehörden, die bekämpft werden müsste.
Indio-Territorien will er für den Bergbau und die intensive Landwirtschaft öffnen. Invasoren, illegale Immobilienhaie, Agrarindustrie und Holzmafia fühlen sich beflügelt durch den Diskurs Bolsonaros.
Geschwächt wurden die Kontrollorgane ebenso, durch ein geringeres Budget. Hinzu kommen Versuche des brasilianischen Umweltministers Ricardo Salles zur Umstrukturierung des Amazonas-Fonds. In den zahlen hauptsächlich Norwegen und Deutschland ein. Finanziert werden mit ihm Projekte zur Verminderung der Kahlschläge.
Salles will, dass künftig der Staat mehr Einfluss auf die Organisation des Fonds hat. Abzweigen will er auch Geld für Entschädigungszahlungen von Großgrundbesitzern in Schutzgebieten.
Ein Dorn im Auge scheinen ihm ebenso die Zahlen des Raumforschungsinstitutes Inpe bezüglich der per Satellit festgestellten Kahlschläge. Er will dem Inpe diese Aufgabe entziehen und stattdessen eine private Einrichtung anheuern.
Ob der EU tatsächlich der Druck bezüglich des Regenwald-Erhaltes gelingen wird, ist umstritten. Experten befürchten, dass sich die Kahlschläge zu Gunsten der intensiven Landwirtschaft erhöhen könnten. Sie ist es, die für den Großteil der Rodungen verantwortlich gemacht wird.
Sie ist es auch, die durch das Freihandelsabkommen besonders profitieren wird. Wenn das Abkommen in zwei oder drei Jahren in Kraft tritt, bestehe das Risiko eines größeren Waldverlustes, befürchtet Carlos Rittl vom Observatório do Clima. Er verweist dabei auf mangelnde Kontrollmechanismen zur Umsetzung der Umweltauflagen